Montag, 16. Januar 2012

Neu ab 2012: Arbeit und Soziales; Rente und Versicherung; Steuern; Gesundheit und Pflege; Energie und Verkehr

Am Ende hat auch der Protest von Arbeitnehmer- und Sozialverbänden nichts genutzt: Vor allem die Jüngeren in Deutschland werden deutlich länger arbeiten müssen. Ab 2012 beginnt die schrittweise Einführung der Rente mit 67. Allen Einwänden zum Trotz haben sowohl die Große Koalition als auch die aktuelle schwarz-gelbe Bundesregierung am Gesetz festgehalten.

WAS SICH 2012 FÜR DEN VERBRAUCHER ÄNDERT

Und nicht nur bei der Rente müssen sich die Deutschen im nächsten Jahr auf Änderungen einstellen: Energie wird teurer, der Garantiezins in der Lebensversicherung fällt. Wer ein Haus oder eine Wohnung sein Eigen nennt, darf nicht mehr so günstig wie bisher an Verwandte vermieten. Dafür werden vor allem Familien durch Vereinfachungen im Steuerrecht entlastet. Die "Welt am Sonntag" hat für ihre Leser die wichtigsten Änderungen im neuen Jahr zusammengestellt:

Rente

2012 fällt der Startschuss für eine längere Lebensarbeitszeit - wer früher in den Ruhestand gehen will, muss deutliche Einbußen hinnehmen.

Rente mit 67

Wirtschaftweise empfehlen Rente mit 69
Wer 1947 geboren ist, darf mit 65 Jahren und einem Monat in Rente gehen. Der Jahrgang 1949 muss schon drei Monate dranhängen. Und alle, die nach 1964 auf die Welt gekommen sind, müssen bis 67 arbeiten - anderenfalls drohen empfindliche Abzüge. Auch Privatrenten und Lebensversicherungen, die ab 2012 unterschrieben sind, werden erst zwei Jahre später ausgezahlt. Das gilt auch für staatlich geförderte Riester- und Rürup-Policen.

Gesetzliche Rentenversicherung

Der Rentenbeitrag sinkt von heute 19,9 Prozent auf 19,6 Prozent. Arbeitnehmer und Arbeitgeber werden um jeweils 1,3 Milliarden Euro entlastet. Für den einzelnen Arbeitnehmer ist die Entlastung gering: Bei einem Bruttoverdienst von 2500 Euro bleiben jeden Monat 3,75 Euro mehr.

Für Policen-Sparer bringt das Jahr 2012 Einbußen mit sich. Der Neuabschluss einer kapitalbildenden Lebensversicherung lohnt sich dank sinkender Rendite nur noch in Ausnahmefällen. Vor allem das andauernde Niedrigzinsumfeld, die neue Risikobewertung für Staatsanleihen, Banken in der Krise sowie strengere Anlage-Regeln könnten einzelne Versicherungsgesellschaften möglicherweise sogar in Existenznöte bringen.

Lebensversicherung

Zum 1. Januar sinkt der Garantiezins bei Neuabschlüssen von 2,25 Prozent auf 1,75 Prozent. Allerdings ist der Garantiezins nur ein Teil der Rendite einer Lebenspolice. Hinzu kommen die Überschussbeteiligungen der Versicherer und die Beteiligung an den stillen Reserven. Im Durchschnitt schreiben die Gesellschaften ihren Kunden für 2012 noch 3,8 Prozent laufende Verzinsung gut - wer seine Police noch bis zur Jahrtausendwende abgeschlossen hat, hat noch die Garantie auf mindestens vier Prozent.

Versicherer müssen ab Dezember 2012 "geschlechtsneutrale" Tarife für Männer und Frauen anbieten. Wer eine neue Police abschließt, ist von der neuen Unisex-Berechnung betroffen - egal, ob es sich dabei um Vorsorge, Auto oder Haftpflicht handelt. Das wirkt sich auch auf Lebensversicherungen aus: Da Frauen im Schnitt älter werden als Männer, mussten sie bisher höhere Beiträge auf Kapitallebens- und private Rentenversicherungen zahlen. Diese Policen dürften nun günstiger, wenngleich kaum attraktiver, fürs weibliche Geschlecht werden. Risikolebenspolicen hingegen, die im Todesfall des Versicherten dessen Hinterbliebene absichern sollen, werden für Frauen ab Ende 2012 voraussichtlich teurer.

Was 2012 auf die Verbraucher zukommt
STEUERN

Riester-Verträge

Bereits eingeführt ist die Pflicht zur geschlechtsneutralen Berechung des Risikos bei staatlich geförderten Riester-Produkten. Doch auch hier müssen Versicherte, und zwar Neu- wie Bestandskunden, mit Änderungen leben. Konnten Ehepartner von Erwerbstätigen bisher die volle Zulage (154 Euro) kassieren, ohne selbst in einen Vertrag einzuzahlen, ist das ab dem kommenden Jahr nicht mehr möglich. Jeder Sparer muss dann mindestens fünf Euro monatlich in die private Altersvorsorge investieren.

Gesundheit

Privatversicherte müssen im nächsten Jahr tiefer in die Tasche greifen. Die Beiträge steigen zum Teil drastisch.

Private Krankenversicherung

Wer privat krankenversichert ist, muss sich auf deutlich höhere Beiträge einstellen - im Extremfall bis zu 40 Prozent. Als einen Grund geben die Versicherer steigende Kosten durch den medizinischen Fortschritt an. Auch das schwierige Marktumfeld macht privaten Krankenkassen, die die Altersrückstellungen ihrer Kunden mit gesetzlicher Garantie verzinsen müssen, das Leben schwer.

Zahnersatz

Besuche beim Zahnarzt werden teurer. Ab dem 1. Januar gilt die novellierte Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ). Gesetzlich Versicherte müssen dann mehr für Extraleistungen wie Kronen, Brücken und Prothesen zahlen. Privatpatienten müssen generell mehr zahlen.

Elektronische Gesundheitskarte

Die Bundesregierung macht jetzt Druck. Bis Ende 2012 sollen 50 Millionen der 70 Millionen gesetzlich Versicherten in Deutschland die elektronische Gesundheitskarte haben. Diagnosen, Patientenakten, Behandlungen sollen darüber abrufbar sein.

Pflegesätze

Mehr Geld sollen Pflegebedürftige erhalten. Die Sätze für Patienten in der Pflegestufe I steigen um zehn Euro auf dann 450 Euro. Bedürftige, die in Pflegestufe II eingestuft sind, erhalten statt 1040 Euro nun 1100 Euro, und wer in Pflegestufe III ist, bekommt im Jahr 2012 maximal 1550 Euro statt bisher 1510 Euro.

Der Beitrag in der gesetzlichen Pflegeversicherung steigt ab 2013 um 0,1 Prozentpunkte. Bereits vom kommenden Jahr an will die Bundesregierung eine private Zusatz-Pflege einführen, die - ähnlich der Riester-Rente - staatlich gefördert sein soll.

Ernährung/Lebensmittel

Wer bio kauft, soll in Zukunft EU-weit auf ein einheitliches Symbol vertrauen können.

EU-Bio-Logo

Alle verpackten Biolebensmittel müssen spätestens ab dem 1. Januar das neue EU-Gemeinschaftslogo tragen. Die einheitliche Regelung soll es Verbrauchern erleichtern, Bioprodukte im europäischen Ausland eindeutig zu erkennen.

Diabetiker

Ab 9. Oktober ist Schluss mit dem Aufdruck "zur besonderen Ernährung bei Diabetes mellitus". Lebensmittel dürfen dann nicht mehr entsprechend beworben werden. Wissenschaftler sind der Meinung, dass spezielle Lebensmittel für Diabetiker überflüssig sind und unter Umständen sogar schaden können.

Steuern

Vor allem Familien sollen von Vereinfachungen im Steuerrecht profitieren - und dabei Geld sparen.

Steuervereinfachungsgesetz 2011

"35 Steuervereinfachungen und Modernisierungen" verspricht die Bundesregierung ihren Bürgern. Die meisten Neuregelungen wirken sich jedoch erst für die Steuererklärung 2012 aus - die Bürger erst im Jahr 2013 abgeben müssen.

Werbungskosten

Eine Ausnahme ist der Arbeitnehmerpauschbetrag: Er wird bereits für 2011 auf 1000 Euro erhöht - anteilig ist daher das Dezembergehalt etwas höher ausgefallen. Für manch einen Steuerzahler wird mit der Anhebung der Pauschale lästiges Belegesammeln wegfallen. Wer jedoch tatsächlich hohe Werbungskosten hat, weil er beispielsweise lange Strecken zur Arbeit zurücklegen muss oder viel in Job-Literatur, Seminare oder auch Dienstkleidung investiert, profitiert von dieser Regelung nicht. Experten schätzen die Entlastung zudem als gering ein. "Die Ersparnis liegt zwischen 20 und 40 Euro jährlich, je nach Steuersatz", sagt Holger Jakob, Fachanwalt für Steuerrecht.

Kilometerpauschale

Bisher konnten Pendler wahlweise die Pendlerpauschale von 30 Cent je Kilometer absetzen oder die Kosten, die ihnen für Bus- und Bahntickets tatsächlich angefallen sind. Das ist ab 2012 nicht mehr möglich. Das Finanzamt berücksichtigt Kosten für öffentliche Verkehrsmittel nur noch, wenn sie über einer Jahrespauschale von 4500 Euro liegen.

Kinderbetreuung

Rechnen Eltern das Jahr 2012 mit dem Fiskus ab, werden sie leichteres Spiel haben als bisher. Betreuungskosten für den Nachwuchs gelten dann generell als Sonderausgaben - ein kompliziertes Unterscheiden zu Werbungskosten fällt dann weg.

Kindergeld

Junge Erwachsene können ab 2012 so viel zuverdienen, wie sie wollen - das Kindergeld für sie wird trotzdem weiter gezahlt. Bisher galt, wer einen Cent zu viel verdiente, zerstörte damit den Anspruch seiner Eltern auf Kindergeld. Eine Einschränkung gilt jedoch weiterhin: Pro Woche darf der Spross nicht länger als 20 Stunden arbeiten. Unabhängig vom Stadium der Ausbildung gibt's Kindergeld nur noch bis zum 25. Geburtstag.

Eigenheim

Immobilien sind als Altersvorsorge beliebt. Der Kauf von Grund und Boden jedoch wird nicht nur wegen steigender Nachfrage teurer.

Grunderwerbsteuer

Strompreise für Verbraucher steigen
Ärgerlich für viele, die sich Haus oder Wohnung zulegen wollen: Seit einiger Zeit gibt es den bundesweit einheitlichen Steuersatz für den Erwerb von Grund und Boden von 3,5 Prozent nicht mehr. Die Länder können den Richtwert jetzt selber festlegen. Mehrere Länder haben bereits den Satz erhöht, Anfang 2012 ziehen Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz nach. Käufer müssen dann bis zu fünf Prozent vom Kaufpreis an den Fiskus abführen.

Vermietung

Wer Häuser oder Wohnungen an die Verwandtschaft kostengünstig vermietet, muss im kommenden Jahr mindestens 66 Prozent der ortsüblichen Vergleichsmiete verlangen. Dafür entfallen die Prognoserechnungen über die Gewinnerzielungsabsicht für die kommenden 30 Jahre.

Förderung

Die staatliche KfW-Bank streicht ihr Programm "Wohnraum modernisieren". Bisher konnten Modernisierungsarbeiten an der Immobilie zinsgünstig finanziert werden - ab 2012 ist das vorbei. Lediglich bei der energetischen Sanierung am Haus werden Immobilienbesitzer noch unterstützt.

Energie

Gemütliches Heizen und wohliges Erleuchten des Zuhauses werden teurer. Sowohl für Strom als auch für Gas müssen Verbraucher mehr Geld ausgeben.

Strom wird im neuen Jahr durchschnittlich um vier Prozent teurer, Gas um etwa acht Prozent. Ein Haushalt mit einem Verbrauch von 4000 Kilowattstunden Strom pro Jahr muss 35 Euro mehr bezahlen als 2011, hat das Vergleichsportal Verivox errechnet. Für Gas (bei 20 000 Kilowattstunden) müssen Verbraucher 112 Euro mehr ausgeben.

Anbieterwechsel

Leichter werden soll für Energiekunden der Wechsel des Lieferanten. Sofern der Wechsel nicht innerhalb von drei Wochen klappt, kann der Verbraucher vom 1. April 2012 an Schadensersatz geltend machen.

Auto

Automobilisten müssen tiefer in die Tasche greifen. Die Benzinpreise werden wahrscheinlich weiter klettern. Wer ein umweltfreundlicheres Auto fährt, muss weniger Kfz-Steuern zahlen.

Kfz-Steuer

Ab 1. Januar wird die Kfz-Steuer für Neuwagen nach einem Kohlendioxid-Grenzwert berechnet. Steuerfrei ist dann nur noch ein Kohlendioxid-Ausstoß bis 110 Gramm pro Kilometer. Für jedes Gramm mehr fallen zwei Euro an - zusätzlich zum Sockelbetrag. Die neue Regelung macht zwar nur einen Unterschied von zwanzig Euro im Jahr aus - für den Fuhrpark großer Unternehmen kann das jedoch ein wichtiges Auswahlkriterium sein.

Das abgelaufene Jahr 2011 wird als das teuerste Jahr für Autofahrer in die Geschichte eingehen. Und auch für 2012 deutet sich keine Entlastung an. "Ein Ölpreis von 100 Dollar im Jahresdurchschnitt ist realistisch", sagt Eugen Weinberg, Rohstoffexperte der Commerzbank. Beim Benzinpreis, so Weinberg, werde es wohl keine großen Schwankungen nach oben oder unten geben. Als Risiko sieht der Experte die geopolitische Lage in Russland. Sollten die Proteste weiter anhalten und sollte die Regierung dadurch ins Wanken kommen, werde der Ölpreis massiv steigen, schätzt er.

E10

Die deutschen Autofahrer fremdeln noch mit dem neuen Biokraftstoff. Das hält Österreich aber nicht davon ab, ebenfalls E10 einzuführen. Ab 2012 werden die Tankstellen in unserem Nachbarland umgerüstet.

Fernsehen

Analoges Satellitenfernsehen wird zum 30. April abgeschaltet. Wer über Satellit fernsehen will, braucht dann ein spezielles Empfangsteil an der Satellitenschüssel und einen digitalen Satellitenreceiver. In neuen Flachbildschirmen sind entsprechende Receiver oft schon eingebaut.
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